Maria Ansorge, geb. Scholz

Kämpferin für soziale Gerechtigkeit

Reichstagsabgeordnete 1920 – 1933, Bundestagsabgeordnete 1951 – 1955

*15. Dezember 1880 in Löchau (Böhmen)
† 11. Juli 1955 in Dorsten

1917 – 1933 Mitbegründerin der AWO in Waldenburg (Schlesien)
1919 – 1933 Mitglied des Waldenburger Kreistags, der Weimarer Nationalversammlung und des Deutschen Reichstags für den Wahlkreis Breslau (Schlesien)
1945 Bürgermeisterin von Nieder-Salzbrunn
1946 – 1955 Mitbegründerin der AWO in Marl
1949 – 1952 Vertreterin der AWO im Wohlfahrtsausschuss des Rates des Amtes Marl,
1952 – 1955 Mitglied des Rates des Amtes Marl

Gewerkschafterin, Textilarbeiterin, Politikerin, Mutter, Schwester, Opfer von Krieg und Verfolgung. Maria Ansorges Engagement für bessere Lebensverhältnisse zog sich durch ihr Leben.

Maria Scholz wuchs als Tochter eines Maurers in ärmlichen Verhältnissen auf. Im Alter von 13 Jahren starb ihr Vater und hinterließ seine Witwe mit vier Kindern. Sie half früh in einer Textilfabrik und bei der Versorgung der Geschwisterkinder mit. In den Anfängen der Arbeiterbewegung arbeitete sie in einem Umfeld von politisch aktiven Menschen. Mit 14 Jahren trat sie aus der Kirche aus.

Mit 23 Jahren heiratete sie, ein Sohn komplettierte die Familie. Im Alter von 25 Jahren begann sie, sich in der SPD und der Gewerkschaft zu engagieren. Da ihr Ehemann gegen ihr Engagement war, wurde die Ehe nach einem Jahr geschieden. Später gründete sie die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Waldenburg (Schlesien) und Marl.

Sie begann ihr politisches Wirken als Leiterin einer Frauen- und Kinderschutzkommission. Ihr Engagement galt oft den Frauen und ihren Kindern. Sie gab ihnen eine Stimme in einer Zeit, in der das Frauenwahlrecht erst noch hart erkämpft werden musste. In ihren Reden wurde sie deutlich, wies mit klaren Worten auf Missstände hin: Niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter.

Während der Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933 war sie, wie viele andere Sozialdemokratinnen, krank abgemeldet. Eigentlich war sie zum zweiten Mal verhaftet worden. Im weiteren Verlauf wurde sie mehrfach durch die Nazis in den KZs Waldenburg und Ravensbrück inhaftiert. Durch die Zeit in den Konzentrationslagern erlitt sie gesundheitliche Schäden.  

Ihren einzigen Sohn verlor sie kurz nach Kriegsende durch einen tragischen Unfall. Nach Kriegsende wurde sie durch die Sowjets zur Bürgermeisterin von Nieder-Salzbrunn (Schlesien) ernannt. Es ist überliefert, dass 13 Flüchtlinge bei ihr wohnten. Sie stellte sich wiederholt russischen Vergewaltigern entgegen, um Mädchen vor sexueller Gewalt zu schützen.

Am 28.05.1946 wurde sie aus Polen vertrieben, da sie nicht die polnische Staatsbürgerschaft annehmen wollte. Sie reiste mit ihrer Schwiegertochter und deren drei Töchtern nach Marl, wo sie am 16.07.1946 ankam.

Sie engagierte sich bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und in der Marler Lokalpolitik für die SPD.

1951, im Alter von 70 Jahren, rückte sie als Mitglied des Bundestags nach. Sie kämpfte in ihrer ersten Rede im Bundestag für eine bessere Kriegsopferfürsorge, vor allem für hinterbliebene Frauen und Kinder.

Am 11. Juli 1955 verstarb Maria Ansorge in Dorsten nach einem Schlaganfall. Leider erlebte sie die Verbesserung der Kriegsopferfürsorge und die Bewilligung ihres eigenen Antrags auf Entschädigung nicht mehr.                                                                         Maresa Kallmeier

„Wir Alten müssen den Jungen den richtigen Weg zeigen und ihnen die Schulung und das Wissen vermitteln, das sie brauchen, um unsere sozialistischen Ideen zu verwirklichen. Dafür sind wir nie zu alt.“ M. Ansorge

Quellenverzeichnis:

Pollberg, Rolf: Marl in alten Ansichten Band 2, Zaltbommel 1994
Marquardt, Regine: Maria Ansorge. Eine Arbeiterin im Bundestag, in: Dies.: Das Ja zur Politik. Frauen im Deutschen Bundestag 1949-1961. Ausgewählte Biographien, Opladen 1999
Notz, Gisela: Maria Ansorge. „Um unsere sozialistischen Ideen zu verwirklichen, dafür sind wie nie zu alt.“, in: Jahrbuch für Forschung zur Geschichte der Arbeiterbewegung III, September 2002
Stadtverband Marl der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Hrsg.): SPD 75, Marl 1987Verhandlungen des Reichstages, VIII. Wahlperiode 1933, Band 457, Stenographische Berichte, Berlin 1934, Protokoll der Sitzung des Reichstags vom 23. März 1933, Bayerische Staatsbibliothek, https://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2 _w8_ bsb00000141_00047.html [Zugriff 15. Juni 2025]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen