
Die 0:8-Niederlage der Marler Fußballer war schmerzlich, auch wenn der Gegner der Deutsche Vize-Meister Fortuna Düsseldorf war. Das Spiel fand im September 1936 anlässlich der Stadtwerdung Marls auf dem Jahnplatz statt. Wenig später kaufte die Stadt den Platz und zog einen Schlussstrich unter eine jahrelange Diskussion: Darf ein Stück des Schulwaldes für einen Sportplatz geopfert werden?
Schon 1909 gab es in Hüls den Sportverein Auguste Victoria, 1913 bildete sich der Turnverein Hüls und Anfang der 1920er Jahre machte der sich gemeinsam mit dem Katholischen und dem Evangelischen Jünglingsverein an die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft zur Errichtung eines Sportplatzes auf dem Gänsebrink“. Doch das Vorhaben war finanziell nicht zu stemmen.
Und es gab Widerstand. Auf der vorgesehenen Fläche stünden 75 Jahre alte Eichen und der Erhalt des Waldes sei „lebhafter Wunsch der gesamten Bevölkerung von Hüls“ heißt es 1926 in der Grunderwerbskommission. Es sei das einzige Stück, das von der ganzen Waldung übergeblieben sei. Man brauche es für die Volksgesundheit. Die Gemeinde Recklinghausen-Land (zu der Hüls bis 1926 gehörte) wollte das 36 Morgen große Grundstück für 120.000 Goldmark kaufen.
Die Gegner argumentierten, den „Luxus“ eines solchen Waldes könne man sich nicht leisten, wenn man andererseits gerade 58 Lehrer wegen Geldmangels auf die Straße setzen müsse. Das sei ohnehin kein Wald, sondern „ein im Absterben begriffenes Eichenbüschchen“. Der Siedlungverband und die Zeche AV mäkelten, „man könne sich nicht in jeder Ortschaft einen Ziergarten leisten“. Im Hintergrund ging es um Grundstückstauschgeschäfte und neue Wohnungen für die Zechenbelegschaft.
Bereits 1922 gab es einen Kaufvertrag mit der Sportplatz-Arbeitsgemeinschaft: 21.600 qm für 1000 Mark. Rund die Hälfte durfte abgeholzt werden, der Rest des Waldes war zu schonen. Auch gegen „Festtreten des Waldbodens“, sonst werde der Sportbetrieb untersagt.
1927: Der Jahn-Platz wird eröffnet
An einem verregneten Maitag 1927 konnte die Einweihung mit einem Bezirksturnfest gefeiert werden und der Platz erhielt einen neuen Namen: Jahn-Platz.
Als die Stadt den Platz 1936 kaufte, dann in erster Linie, um das Gelände zur „Ertüchtigung“ der Bürger zu nutzen. Nach dem Krieg durfte der Sportplatz seinen Namen behalten, die Jahnstraße wurde in Rathenaustraße umbenannt.
Die Sportbegeisterung blühte auf, der TSV Hüls wurde 1954 Deutscher Amateur-Fußballmeister und benannte sich in TSV Marl-Hüls um. 1962 beschloss der Rat die Vergrößerung des Jahnsportplatzes. Weil der Gänsebrink weiterhin als Erholungspark geschont werden sollte und möglichst kein Baum fallen durfte, wurde das Spielfeld sechs Meter tiefer gelegt, um so eine natürliche Tribüne für 35.000 Zuschauer zu schaffen. Auf die Westseite kam ein 65 Meter langes Dach, das mit Seilen an zwei 32 Meter hohen Pylonen hing. Eine Konstruktion, die ein bisschen das Olympiadach von München 1972 vorwegnahm.
1964 war ein Marler Super-Jahr: im Mai wurde das Rathaus eröffnet, im Juli das Hallenbad und eine Turnhalle, im August das Jahnstadion (Kosten: umgerechnet fast 1,4 Mio. Euro). Bei der Einweihungsfeier war auch der Ärger vergessen, dass der Platz zunächst nicht maßgerecht war und um fünf Meter verlängert werden musste. Das Presseamt spielte herunter: Eine „unangemessene Aufmachung einer Lappalie“. 9000 Besucher kamen zur Eröffnung, der Bürgermeister grüßte per Tonband vom Krankenlager in Salzburg aus.
Die Sportler waren mächtig stolz auf die Anlage. 36 Sportvereine hatte die Stadt, fünf Jahre später sogar 44. Über das Stadtgebiet waren 56 Sportanlagen verteilt, darunter 19 Sportplätze und vier Freibäder.